Dämme bauen oder Schwimmen lehren
„Die Digitalisierung kommt nicht, sie ist schon da. Und egal, wie wir uns im Angesicht dieser Aussage verhalten, es gibt keine Möglichkeit sich nicht zu diesem Thema zu positionieren.“ Um eine aktive Positionierung vorzunehmen und die Frage der Vereinbarkeit eines franziskanischen Profils mit der Digitalisierung zu beantworten, fanden zwei Vorträge am Franziskanergymnasium Kreuzburg statt (jeweils einer für das Lehrerkollegium und einer für die Eltern und die Schülerschaft).
Professor Andreas Büsch referierte über das Myzel der Digitalisierung, dessen Auswirkungen auf die Arbeitswelt und die damit einhergehenden notwendigen Veränderungen des Schulalltags. Professor Büsch ist katholischer Theologe und Erziehungswissenschaftler und arbeitet als Professor für Medienpädagogik und Kommunikationswissenschaft an der Katholischen Hochschule (KH) Mainz. Zudem leitet er seit 2012 die Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz an der KH Mainz.
Von den ersten Lauten unserer Vorfahren, über Tanz, Theater, die Erfindung des Buchdrucks, bis hin zu Social-Media-Plattformen haben sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit, die Gatekeeper (diejenigen, die kontrollieren, was veröffentlicht wird) und die Zugriffsgeschwindigkeit ständig verändert – so beginnt Professor Büsch seinen Vortrag und führt weiter aus: Während die Geschwindigkeiten ständig zunehmen, haben sich die Gatekeeper verändert oder sind teilweise sogar weggefallen. Durch die gegebenen technischen Möglichkeiten erleben wir eine gesellschaftliche Transformation aufgrund einer Revolution in den Bereichen Kommunikation und Kultur. Diese Entwicklung bringt neben bereits vielfach thematisierten Herausforderungen (Datenschutz, Privatheit, exzessive Mediennutzung, Mobbing, u.m.) auch Studiengänge und Berufsbilder hervor, die wir heute noch gar nicht kennen.
Um allen eine Teilhabe an dieser sich entwickelnden Gesellschaft zu ermöglichen, muss ein Kern zukünftiger schulischer Bildung die Ermöglichung der Partizipation an diesen neuen Kulturgütern sein. Dies beinhaltet sowohl eine Förderung der Medienkompetenz als auch eine kritische Reflexion der eigenen Mediennutzung und der daraus resultierenden dargestellten Werte. Diese Reflexion kann nur dann geschehen, wenn mit den Kindern und nicht über sie gesprochen wird, und es einen ausreichend großen Raum für diesen offenen Austausch gibt.
Aufgrund des scheinbar wachsenden Raumes zwischen den Möglichkeiten und den Gefahren der digitalen Welt sind sowohl Lehrerinnen und Lehrer als auch Eltern immer häufiger zum pädagogischen Spagat gezwungen, um diese Dilemmata zu bewältigen. Verbiete ich meinem Kind die Nutzung von WhatsApp aufgrund der nicht ausreichend geschützten Privatsphäre, so grenze ich es damit eventuell auch aus der Klassengemeinschaft aus und verringere die Möglichkeit zur Teilhabe an ebendieser. Eine Lehrerin oder ein Lehrer muss sich wohl von der alleinigen Stellung des „Allwissenden“ im Klassenzimmer verabschieden, da jede Schülerin und jeder Schüler mit dem entsprechenden Gerät sämtliche Aussagen überprüfen und Fehler aufdecken kann. Frei nach der Bibel „prüfet aber alles, und das Gute behaltet“ muss jede Schule für sich selbst den richtigen Weg in dieser Entwicklung finden. Indem kooperative und kontinuierliche Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Lehrerkollegium implementiert werden, in denen beide Verantwortung übernehmen und dafür Sorge tragen, dass ausreichend Lernerfahrungen gemacht werden können, sollen keine Dämme gebaut werden, sondern Schülerinnen und Schüler soll das Schwimmen gelehrt werden.
Im Anschluss an den Vortrag von Professor Büsch gab es die Möglichkeit an ihn, die Schulleitung und die Geschäftsführung Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern. Der Austausch wurde vom Publikum rege genutzt, und die Eltern interessierte vor allem, wie die digitale Zukunft an der Kreuzburg aussehen wird. Schulleitung und Geschäftsführung bestätigten, dass es dazu zurzeit einige Planungen gibt, zu denen auch externe Beratung in Anspruch genommen wird und alle Beteiligten (Eltern, Schülerschaft und Lehrer) einbezogen werden. Die Überlegungen sind im Moment noch ergebnisoffen.


Stichpunkte aus dem sich anschließenden Gespräch können im kommenden Contact nachgelesen werden.